Zwei Publikationen aus dem Projekt Sypathieträger Kiebitz des NABU („Anforderungen an den Schutz des Kiebitzes in Deutschland: Erkenntnisse aus dem Projekt „Sympathieträger Kiebitz“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ in der Zeitschrift „Berichte zum Vogelschutz“ und „Wie lässt sich der Schutz der Kiebitzpopulation deutschlandweit planen und was kostet er?“ in der Zeitschrift „Berichte über Landwirtschaft“) sind nun unter: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/artenschutz/kiebitz/index.html abrufbar.
In „Wildlife Biology“ ist eine Publikation der Schweizerischen Vogelwarte Sempach zur Bedeutung von Schutzmaßnahmen für die Populationsentwicklung des Kiebitz in englischer Sprache erschienen. Sie ist unter: https://nsojournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/wlb3.01175 abrufbar.
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Der Kiebitz hat starke Rückgänge erfahren, als Hauptursache wird die intensivierte Landwirtschaft angesehen. Gründe für den Bestandsrückgang sind ein geringer Bruterfolg durch Prädation, Verhungern der Küken bei Trockenheit, landwirtschaftliche Einflüsse und ein suboptimaler Brutlebensraum.
Die Studie untersuchte die Entwicklung einer Population von 40-60 Kiebitzpaaren in einer intensiv bewirtschafteten Landschaft in der Zentralschweiz zwischen 2005-2021. Die Population erreichte einen Tiefstand von 15 Paaren im Jahr 2005, und stieg mit Hilfe von Schutzmaßnahmen auf 60 Paare in 2015 an. Bis 2021 ist der Bestand auf 39 Paare zurückgegangen. Die Studie fand in der 18 km² großen Wauwiler Ebene mit folgender Nutzung statt: Intensive und mittel intensive Wiese, Mais, Wintergetreide, Weide, Raps-, Kartoffel- und Gemüseanbau. Seit 2005 werden die Kiebitze vor landwirtschaftlichen Einflüssen geschützt, das Habitat wird aufgewertet und es werden Elektrozäune zum Nest- (bis zu 25 Nester pro Zaun) und Kükenschutz (mittlere Größe: 1 ha) eingesetzt. In den meisten Jahren wurden über 80% der Nester eingezäunt. Seit 2011 wurden Kiebitzinseln angelegt: 1 – 4.5 ha wurden im Spätsommer mit einer einjährigen Pflanzenmischung angesät und bis zum nächsten Juli nicht bearbeitet. Zum Teil wurden Küken und Altvögel mit Farbringen versehen und die Familien fast täglich kontrolliert und abgelesen, um ihr Schicksal zu bestimmen.
Die Kiebitze bevorzugten zur Nestanlage Brachen, die abgeerntet und noch nicht wieder angesät wurden. Kiebitzinseln waren in einigen Jahren erfolgreich, in anderen wuchsen sie zu schnell auf. Früh in der Saison wurden die Nester eher auf Wiesen oder bereits angesäten Maisäckern angelegt. Der Schlupferfolg war ähnlich innerhalb der verschiedenen Anbautypen aber stark abhängig vom Zaun: Über 78% der Nester, die sich mindestens zu 75% der Bebrütungszeit innerhalb des Zauns befanden, schlüpften. Über 53 % der Nester, die nicht oder nur zeitweise eingezäunt waren, wurden prädiert. Nestaufgaben kamen häufig bei späten Gelege wegen der hoch aufwachsenden Vegetation vor. Durch Modellberechnungen zeigte sich, dass der Schlupferfolg innerhalb des Zauns und bei Nestbeginn vor Ende April am höchsten war. Ein sehr schlechter Schlupferfolg zeigte sich für Nester, die nach Mitte Mai begonnen wurden.
Die Küken verschwanden oft in der Nacht kurz nach dem Schlupf, wahrscheinlich nachdem sie den eingezäunten Bereich verlassen hatten. Außerhalb des Zauns wird ein etwa gleich hoher Prädationsanteil von Raubsäugern und Luftprädatoren geschätzt. Die Prädation blieb über die Saison sehr konstant, Schlechtwetterperioden schienen sie ebenso wie die Aufgabe des Geleges (bei sehr trockenen Bedingungen) nur leicht zu verstärken. Der Gesamterfolg flügger Küken liegt bei 37,4 % mit großen Unterschieden zwischen den Jahren. Die höchste Wahrscheinlichkeit des Flügge-Werdens war bei relativ trocknen und warmen Wetterbedingungen von >15 °C gegeben. Früh initiierte Nester hatten eine höhere Chance auf flügge Jungvögel.
Ein effektiver Kiebitzschutz ist sehr aufwendig, jedoch hatten vor allem das Einzäunen und die Anlage von Nassstellen Erfolg. Trockene Sommer stellen zukünftig eine noch stärkere Gefährdung dar und sollten daher bei Planungen des Wassermanagements im Sinne des Kiebitzschutz bedacht werden. Die Beobachtungen zeigen, dass die Population durch das Ausschließen von Bodenprädatoren und das Herrichten eines geeigneten Habitats genügend Nachkommen produzieren kann, um die Population aufrecht zu erhalten.