Gefährdung durch Lebensraumveränderungen
Noch vor fünfzig Jahren war der Kiebitz in Deutschland ein „Allerweltsvogel“ und fast überall auf Feldern und Wiesen häufig anzutreffen. Heute ist er vielerorts verschwunden und steht in einigen Regionen kurz vor dem Aussterben. Dieser Rückgang ist in Süddeutschland (zum Beispiel am Badischen Oberrhein) besonders ausgeprägt. Die Ursachen für die dramatischen Bestandsrückgänge sind vielfältig. Dazu gehören der anhaltende Flächenverbrauch, die Zerschneidung von Lebensräumen oder Störungen durch menschliche Freizeitaktivitäten. Als hauptverantwortlich gilt jedoch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der damit verbundene Lebensraumverlust. Viele Wiesen und Weiden werden trocken gelegt, stark gedüngt, immer früher und häufiger bearbeitet oder zu Äckern umgebrochen. Wo früher Sommergetreide angebaut wurde, steht heute vielerorts Wintergetreide.
Das jedoch wächst im Frühjahr schnell, dicht und hoch, so dass Kiebitze häufig keine geeigneten Brutplätze finden. Nahrungsmangel gilt als ein weiteres Problem. So wirken beispielweise Maisäcker in der Ansiedlungsphase zwar attraktiv, lassen aber mangels Nahrung und Deckung später kaum Bruterfolg zu. Auch im Grünland ist die Insektennahrung teilweise zurückgegangen. Und auf dem Zug sind Kiebitze zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Sie dürfen in mehreren europäischen Ländern gejagt werden, pro Jahr werden rund eine halbe Million Kiebitze erlegt.
Probleme mit Beutegreifern
„Fressen und gefressen werden“ gehört seit jeher zum Geschehen in der Natur. So haben auch Kiebitze zahlreiche natürliche Fressfeinde. Besonders die Eier sind durch Beutegreifer gefährdet, da sie in den offenen Bodennestern leicht erreichbar sind. Auch die noch nicht flugfähigen Jungvögel sind „leichte Beute“. Säugetiere, allen voran der Rotfuchs, sind hauptsächlich für die Verluste von Kiebitzeiern verantwortlich. In den Niederlanden wurden beispielsweise 60 Prozent aller untersuchten Gelege durch Füchse erbeutet. Vereinzelt treten auch Krähen, Möwen und Greifvögel als Nesträuber auf. Kiebitze haben im Laufe der Evolution zahlreiche Anpassungsstrategien entwickelt, um mit diesen natürlichen Verlusten zurecht zu kommen.

In der Vergangenheit konnten Kiebitze so oftmals einen ausreichenden Bruterfolg erzielen. Seit den 1990er-Jahren sind die Fuchsbestände in Deutschland jedoch stark angestiegen. Wegen der Zerstörung und Verschlechterung der Lebensräume
funktionieren die natürlichen Anpassungsstrategien häufig nicht mehr. Ausweichbrutplätze fehlen und die Vegetation auf gedüngten Wiesen und Äckern wächst so schnell hoch, dass im fortgeschrittenen Frühjahr keine Ersatzgelege mehr möglich sind.
Brutablauf und landwirtschaftliche Bearbeitungsschritte
Als Bodenbrüter sind Kiebitze auf landwirtschaftlichen Flächen vielen Gefahren ausgesetzt. Im Grünland kommt es insbesondere beim Schleppen, Walzen und Mähen zu Verlusten. Auf Weiden werden Gelege zertreten, wenn die Beweidungsdichte zu hoch ist. Im Ackerland treten viele Verluste durch die Bodenbearbeitung und mechanische Beikrautbekämpfung im Frühjahr auf. Viele Erstgelege auf Mais- und Zuckerrübenäckern fallen der landwirtschaftlichen Bearbeitung zum Opfer.
