Fabio Casale & Michele Bove
Überschwemmte Heuwiesen als geeignete Habitate für eine bedeutende Überwinterungspopulation des Kiebitzes
Der Ticino Park (Parco Ticino) liegt in der Lombardei im Nord-Westen Italiens. Mit einer Größe von etwa 100.000 ha ist er einer der größten Zusammenschlüsse naturnaher Flächen in der Po-Ebene. Etwa die Hälfte des Gebietes besteht aus landwirtschaftlichen Flächen.
Im Park kommen etwa 200-300 Brutpaare des Kiebitzes vor, was etwa 5 % der italienischen Population (4.800-6.050 Brutpaare) entspricht. Der Winterbestand umfasst 600-800 Individuen (Casale 2015). Kiebitze brüten im Ticino Park vor allem in Reis- und Getreidefeldern, im Winter wird vor allem überschwemmtes Grünland (lokal als „Marcite“ bezeichnet) genutzt (Abb. 1 / 2; Casale et al. 2017). Diese “Marcite” prägen die Po-Region bereits seit dem Mittelalter und sind daher auch von historischem und kulturellem Wert (einige der Flächen wurden einst sogar von Leonardo Da Vinci gestaltet).
Abb. 1 – Im Frühjahr nutzen Kiebitze das Feuchtgrünland (“marcite”) als Bruthabitat
(Foto: Fabio Casale).Abb. 2 – Im Winter nutzen Kiebitze das Feuchtgrünland (“marcite”) als Nahrungshabitat
(Foto: Fabio Casale).
Die Lage sämtlicher Flächen wurde von Mitarbeitern des Parks erfasst und entsprechend des Park-Plans erhalten. Auf 18 dieser „Marcite“ (195 ha) wurden zwischen 2011 und 2017 ornithologische Erfassungen durchgeführt. Insgesamt wurden 111 Arten festgestellt, darunter 17 Arten des Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie, sowie 35 „SPEC“-Arten (Species of European Conservation Concern) nach BirdLife International (2017).
Tab. 1. Winterbestände ausgewählter „SPEC“-Arten in überschwemmtem Grünland („marcite“)

Tab. 1 zeigt, ob in den jeweiligen Wintern zeitweise (> 1 Woche) eine geschlossene Schnee- oder Eisdecke vorlag. In diesen Wintern wurden die Flächen deutlich stärker frequentiert.
Der Park arbeitet eng mit vielen ansässigen Landwirten zusammen. Lokale Produkte werden beispielsweise mit dem Logo des Parks vertrieben. Auch erhalten die Landwirte Ausgleichszahlungen für den Anstau von Wasser im Winter (Bove & Marchesi 2016). Da das Freuchtgrünland ebenfalls günstige Bruthabitate für Kiebitze darstellt, werden hier auch Verzögerungen bei der Mahd oder gar Mahdverzicht bis nach der Brutzeit entschädigt. Diese Schutzmaßnahmen werden im Rahmen des LIFE Projects „Ticino Biosource: Enhancing Biodiversity by Restoring Source Areas for Priority and Other Species of Community Interest in Ticino Park“ (LIFE15 NAT/IT/000989) von der Europäischen Kommission co-finanziert.
Die Region Lombardei fördert darüber hinaus Landwirte im Rahmen von Agrar-Umweltprogrammen (Regionalentwicklungsprogramm für Reisfelder). Dies umfasst die naturnahe Gestaltung von Entwässerungskanälen und Gräben, insbesondere für brütende Kiebitze und Stelzenläufer. Nötig werden diese Maßnahmen angesichts neuer „wasserarmer“ Techniken zum Reisanbau, durch die sich die Verfügbarkeit günstiger Bruthabitate für diese Arten reduziert. (Università degli Studi di Pavia 2012).
Quellen
BirdLife International, 2017. European birds of conservation concern: populations, trends and national responsibilities. Cambridge, UK: BirdLife International.
Bove M. & Marchesi M., 2016. Agricoltura e biodiversità nel Parco del Ticino [Agriculture and biodiversity in Ticino Park]. Parco Lombardo della Valle del Ticino e Fondazione Lombardia per l’Ambiente.
Casale F., 2015. Atlante degli Uccelli del Parco Lombardo della Valle del Ticino [Atlas of the Birds of Ticino Park]. Parco Lombardo della Valle del Ticino e Fondazione Lombardia per l’Ambiente.
Casale F., Bove M., Badino B., Cameroni D., Cortesi O., Poma C., Sala D., Bellani A., 2017. Gli uccelli delle marcite del Parco Lombardo della Valle del Ticino: 7 anni di monitoraggi (2011-2017) [The Birds of winter flooded meadows in Ticino Park: 7 years of monitoring (2011-2017)]. Tichodroma 6: 83.
Università degli Studi di Pavia, 2012. La coltivazione delle risaie di elevato valore biologico e naturalistico. Fauna. Progetto CORINAT [The cultivation of ricefields of high biological and naturalistic value. Wildlife. CORINAT Project]. Relazione tecnica non pubblicata.
veröffentlicht: 11/2019
Autoren
Fabio Casale, Fondazione Lombardia per l’Ambiente, Milan, Italy.
E-Mail: fabio.casale@libero.it
Michele Bove, Parco Lombardo della Valle del Ticino, Magenta, Italy.
E-Mail: michele.bove@parcoticino.it