Nadja Hofmann, Tina Hönisch & Dr. Johannes Melter
Eine Langzeitstudie (1999-2018) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in Niedersachsen, Deutschland
Bevor Kiebitzgelege geschützt wurden, fiel ein hoher Anteil der landwirtschaftlichen Bearbeitung wie z.B. Pflügen oder Mähen, zum Opfer. Zwischen 1999 und 2001 wurden daraufhin Kiebitznester gezielt erfasst, um den Schlupferfolg bzw. die Verlustursachen zu ermitteln. Im Jahr 2002 wurde mit dem Gelege- und Kükenschutz begonnen.
In den ersten vier Jahren umfasste die Probefläche hierzu ca. 110 ha (etwa je zur Hälfte Grünland und Ackerland). Im Jahr 2006 wurde sie dann auf 1.150 ha (etwa 80 % Ackerland) ausgeweitet. Das Gebiet wird landwirtschaftlich intensiv genutzt und es finden fast keine anderen Schutzmaßnahmen statt. Lediglich bis zu 20 ha Grünland werden gezielt für Wiesenvögel gemanagt.

Über den Gelegeschutz hinaus (Abb. 1) können Landwirte weitere Schutzmaßnahmen vornehmen, für die sie Ausgleichszahlungen erhalten. Bei einer Teilnahme am Programm muss das Schleppen und Walzen von Grünland nach dem 15. März unterlassen werden. Die Größe (max. 3 m Arbeitsbreite) und Geschwindigkeit (max. 8 km/h) der Arbeitsmaschinen im Grünland ist ebenfalls begrenzt. Darüber hinaus werden die Flächen bei der Mahd von innen nach außen bearbeitet. Am Abend vor der Bearbeitung müssen zudem „Vertreibungsmaßnahmen“ stattfinden. Die Landwirte erhalten eine Sofortzahlung für ihre Teilnahme sowie weitere Zahlungen je nach Umfang der umgesetzten Maßnahmen.
In unserer Studie wurden Kiebitznester vom Auto aus gesucht. Die gefundenen Nester wurden mit zwei kleinen Stäben markiert (Abb. 1) und alle 5-6 Tage kontrolliert. Auf Wunsch der Landwirte wurden einige Nester um maximal einen Meter umgesetzt. Wenn kein brütender Altvogel mehr festgestellt werden konnte, wurde das Nest erneut aufgesucht, um das Nestschicksal festzustellen. In der Regel werden nach einem Schlupf nur kleine Reste der Eischale gefunden, wohingegen größere Schalenstücke oder eine leere Nestmulde auf eine Prädation hindeuten.
Landwirte erhalten Bonuszahlungen, wenn die Gelege nicht durch die Bearbeitung zerstört werden. Abbildung 2 zeigt, dass landwirtschaftlich bedingte Verluste vor dem Beginn des Gelegeschutzes im Jahr 2002 deutlich höher waren. In den Anfangsjahren (2002-2007) konnten die Verluste durch die Landwirtschaft auf durchschnittlich 9 % aller festgestellten Nester reduziert werden. Mit der Zeit verbesserte sich die Kommunikation mit den Landwirten, sodass sich die entsprechenden Verluste ab dem Jahr 2008 nochmals auf durchschnittlich 3 % reduzierten. Im 2017 wurden farbige Stäbe zur Markierung der Nester eingeführt. Da diese besser zu erkennen sind, konnten in der Folge Verluste durch die Landwirtschaft fast gänzlich vermieden werden.

Der Einfluss der Prädation variiert und ist in manchen Jahren (2013-2015, Abb. 2) die Hauptursache für Gelegeverluste. Anhand von Nestkameras konnte der Rotfuchs als Hauptprädator im Untersuchungsgebiet ermittelt werden. Darüber hinaus wurden Iltis, Steinmarder, Hermelin sowie Greifvögel nachgewiesen. Vor Ort werden Jäger in das Projekt miteinbezogen, die das Niederwild bejagen.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass ein enger Kontakt zwischen Wissenschaftlern und Landwirten unerlässlich für den Erfolg des Projektes ist. Inzwischen sind etwa 50 Landwirte im Projekt involviert und sie zeigen ein wachsendes Interesse an „ihren“ Vögeln.
Der Gelegenschutz ist häufig die einzige einfache Maßnahme, die den Schutz von Kiebitzen auf Äckern und intensiv bewirtschaftetem Grünland gewährleistet. Weitere Maßnahmen um das Überleben von Küken vom Schlupf bis zum Flüggewerden sicherzustellen, könnten darüber hinaus nötig sein, um stabile Kiebitzpopulationen zu etablieren.
Danksagungen
Wir möchten allen beteiligen Landwirten und Freiwilligen sowie dem Hegering Neuenkirchen für ihre Unterstützung und harte Arbeit danken.
Von 2006 bis 2008 wurde das Projekt durch die DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) finanziert. Inzwischen fördern die Naturschutzstiftung des Landkreises Osnabrück, der NLWKN, das Land Niedersachsen und die EU das Projekt.

Quellen
Melter, J. , B. Abing & B. Hönisch (2009): Gelegeschutz in Niedersachsen. Der Falke 56: 144-148.
veröffentlicht 11/2019
Autoren
Nadja Hofmann, Tina Hönisch & Dr. Johannes Melter
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