Ole Thorup

Bestandszahlen und Trends

Datengrundlagen für Bestandsgrößen

Bisher gab es in Dänemark keine landesweite Erfassung der häufigen und verbreiteten Arten wie den Kiebitz. Es gab jedoch vier landesweite Programme zu Bestandserhebungen in den bedeutendsten Schutzgebieten: 1964-1972, 1978-1981 und nochmals 1993-1996 wurde eine große Zahl dieser Gebiete durch Freiwillige des DOF (BirdLife Dänemark) kartiert (1,2,3,4). Zudem wurde zwischen 1987-1989 ein Großteil der heutigen dänischen SPAs durch das Umweltministerium und Ornis Consult abgedeckt (5). Der Kiebitz war dabei eine der Zielarten. Für diese Übersicht wurden zudem Daten aus grauer Literatur sowie unveröffentlichte Daten und Daten aus der Vogeldatenbank des DOF (6) zusammengetragen. Dies umfasste die Originaldaten der Erfassungen von 1978-1981 (Liste in 3) und 1993-1996 (Liste in 7).

Über die genannten Projekte und Programme hinaus gab es über die Jahre ein einfaches Monitoring von Kiebitzen in unterschiedlichem Umfang. Die Zählungen wurden dabei von unterschiedlichen Beteiligten durchgeführt: das Umweltministerium, die einzelnen Amtskommunen, Gemeinden, Naturschutzvereine, DOF und auch weitere Freiwillige waren beteiligt. Das wichtigste Gebiet für Wiesenvögel, Tipperne, wurde jährlich seit 1928 erfasst. Seit Mitte der 1970er Jahre, wurden jährliche oder zumindest regelmäßige Zählungen in vielen weiteren Wiesenvogelgebieten durchgeführt. Die größte Abdeckung wurde zwischen 1978-2003 erreicht. Ab 2003 sowie nach der Kommunalgebietsreform 2006/2007 wurden die Erfassungen deutlich reduziert. Zwischen 2007-2016 gab es jedoch noch jährliche Erfassungen in einigen der wichtigsten dänischen Gebiete: Tøndermarsken, Mandø koge, Værnengene, Tipperne, Agger Tange, Vejlerne, Roskilde Fjord and Nyord, sowie das gesamte Wattenmeer und südliche Læsø wurden in regelmäßigen Intervallen kartiert.

In Vorbereitung der “Breeding Waders in Europe 2000” Erfassung (8), wurden alle verfügbaren Zähldaten aus 1993-1999 systematisch analysiert, sowie einige über ganz Dänemark verteilt liegende Ackerflächen (insgesamt 26 km²) kartiert und für eine grobe Bestandsschätzung von Kiebitzen auf Ackerflächen herangezogen (9). Da aus dem Zeitraum 1993-1999 das wahrscheinlich beste Datenmaterial vorlag, wurde dieses als Grundlage für andere Bestandsschätzungen zugrunde gelegt. Um Trends vor und nach 1993-1999 zu ermitteln, wurde eine Reihe von Gebieten mit Langzeitdaten ausgewählt, für die zumindest eine Bestandsangabe aus den Jahren 1975-1981, 1992-1998 und 2006-2015 vorlag.

Datengrundlage für Trends und Verbreitung

Drei Atlaskartierungen mit einer sehr hohen Flächenabdeckung (10, 4, 11) ergaben äußerst genaue Daten zur nationalen Verbreitung sowie Verbreitungsänderungen über die Jahre. Dies gilt auch für weniger gut dokumentierte Arten, die bedeutende Brutvorkommen außerhalb der Schutzgebiete haben, insbesondere auf landwirtschaftlichen Flächen im Landesinneren.

Eine weitere wichtige Grundlage zum Berechnen der Bestandstrends von Kiebitzen sind Indizes, die im Rahmen eines Punkt-Stopp-Zählprogramms des DOF errechnet werden (12). In diesem Programm werden einmal im Jahr immer am gleichen Tag standardisierte Erfassungen an einer Vielzahl von festgelegten Punkten durchgeführt. Die Trendberechnungen werden mit der Software TRIM durchgeführt (13).

Bestände und Trends

Kiebitze sind weitverbreitete Brutvögel in Dänemark und konnten im Rahmen der Atlas-Kartierungen in 84-88 % der untersuchten Quadranten festgestellt werden (2169 Quadranten à 5×5 km) (10, 4, 11). Lange brütete die Mehrzahl der dänischen Kiebitze auf Ackerland. Feuchtgrünland war von geringerer, wenn auch zunehmender Bedeutung (8, 14).

Kiebitze wurden in 90 Gebieten mit küstennahem Grünland erfasst (1976-2019) (Abb. 1). Mit Ausnahme von drei Jahren mit deutlich höheren Zahlen waren die Bestände in diesen Gebieten im gesamten Zeitraum stabil mit nur geringen Schwankungen.

Die im Rahmen der Punkt-Stopp-Zählungen ermittelten Daten geben vor allem ein Bild der landwirtschaftlichen Flächen, v.a. der Ackerflächen, im Landesinneren wieder. In den ersten sechs Jahren des Programms (1976-1981) waren starke Schwankungen festzustellen. In der Folge machte sich ein langsamer, aber stetiger Rückgang bemerkbar (-60 % zwischen 1981 und 2012-2018) (12).

Abb. 1: Anzahl der Kiebitz-Brutpaare an 90 küstennahen Grünlandstandorten mit Langzeitdaten (blaue Linie; Datenlücken wurden für Gebiete und Jahre ohne Erfassungen extrapoliert (siehe 15)) sowie Kiebitz-Indizes abgeleitet aus dem Dänischen Punkt-Stopp-Zählungsprogramm (orangene Dreiecke).

Für die 1990er Jahre wurde der dänische Gesamtbestand des Kiebitzes auf etwa 38.000 Brutpaare geschätzt. Grundlage hierfür waren 8.730 gezählte Paare (23 %), wobei ein Großteil der real erfassten Brutvögel auf Feuchtgrünland entfielen (72 %) und nur ein geringer Teil auf Ackerflächen erfasst wurde (4 %). Die oben genannten Kartierungen der 90 Gebiete (Abb. 1) umfassten etwa 5 % der Gesamtschätzung, 18 % der Brutpaare im Feuchtgrünland und 26 % der Brutpaare im küstennahen Feuchtgrünland.

Tab. 1: Schätzungen der Anzahl der Brutpaare des Kiebitzes in Dänemark. Die Datenqualität wird entsprechend der sechsstufigen Klassifizierung (0-5) aus Thorup (8) eingeschätzt: 0: Vermutungen; 1: schlechte Datenqualität; 2: Schätzungen basierend auf einigen guten Erfassungen; 3: einige Regionen gut erfasst, <50 % der Fläche erfasst; 4: >50 % der Fläche erfasst; 5: Gesamterfassung.

Im Rahmen der ersten kompletten Erfassung des Dänischen Wattenmeeres inklusive der Köge am Festland im Jahr 1996 wurden 3.603 Brutpaare erfasst, die 9 % der nationalen Schätzung darstellten. Die danach folgenden Zählungen in den Jahren 2001, 2006 und 2012 ergaben einen kontinuierlichen Rückgang (14, 16), wobei die 1.889 erfassten Brutpaare im Jahr 2012 nur noch 52 % des Bestandes von 1996 ergaben. Der stärkste Rückgang war im Ackerland festzustellen. Hier konnten 2012 nur noch 34 % des Bestandes von 1996 ermittelt werden. Im wattenmeernahen Grünland zeigten Kiebitze einen Rückgang von 21 % zwischen 1996 und 2012.

Auf dieser Grundlage wird ein Rückgang der Kiebitze im Ackerland von 37.000 Brutpaaren in den späten 1970er Jahren auf 15.000 Brutpaare (2012-2014; Tab. 1) geschätzt. Im küstennahen Grünland hingegen scheinen die Zahlen im gleichen Zeitraum mit ungefähr 8.000 Brutpaaren in etwa stabil zu sein (Tab. 1). Auf dem Grünland im Landesinneren lässt die dünne Datengrundlage für diesen Zeitraum einen Rückgang von 3.500 auf 2.500 Brutpaare nur vermuten (grobe Schätzung). Hierin enthalten ist ein belegter Rückgang von 3.500 Paaren in den späten 1970ern auf 3.000 Paare Mitte der 1990er Jahre (3,4).

Diskussion

Außerhalb einiger besonders bedeutender Feuchtgrünlandgebiete, in denen ein angepasstes Wiesenvogel-Management bzw. eine angepasste Landnutzung betrieben wird, wird Feuchtgrünland ausschließlich durch Agrarumweltmaßnahmen erhalten. Diese machen recht allgemeine und nicht sehr strenge Vorschriften bezüglich Beweidungsregimes und Mahdterminen, von denen der Kiebitz im küstennahen Feuchtgrünland jedoch zu profitieren scheint.

Außerhalb des Feuchtgrünlands stellen sich dem Naturschutz die bedeutendsten Probleme. In Dänemark fand sich traditionell ein Großteil der Kiebitze im Ackerland, insbesondere auf Sommergetreide. Dieser Anteil der Population nimmt rapide ab. Insbesondere zwei grundlegende Veränderungen der landwirtschaftlichen Praxis haben zu den Rückgängen seit den 1970er Jahren beigetragen: eine schrittweise aber großflächige Umwandlung von Sommer- zu Wintergetreide (17) und die seit etwa 15 Jahren zunehmend verbreitete Nachbereitung von Sommergetreide einige Wochen nach der Aussaat sowie das Walzen von Grünland während der Kükenzeit im Mai (9).

Bestandsschätzungen und dadurch auch Kurzzeittrends sind für den Kiebitz immer schwerer zu generieren, da die Erfassungen in den letzten zehn Jahren deutlich reduziert wurden. Noch gibt es gute Zählprogramme in den besten Wiesenvogelgebieten Vejlerne und Tipperne sowie in 6-Jahres Intervallen im Dänischen Wattenmeer. Der Kiebitz wird allerdings nicht von nationalen Monitoringprogrammen abgedeckt, da er nicht auf dem Anhang I der Vogelschutzrichtlinie geführt wird. Das darüber hinaus gehende Monitoring ist ein „Flickenteppich“ aus verschiedenen Programmen, abhängig von DOF und anderen NGOs, den Kommunen und privaten Initiativen.  Ohne Zweifel ließen sich zukünftige Aussagen besser treffen, wenn es eine Art nationales Monitoringprogramm außerhalb der besten Wiesenvogelgebiete und des Wattenmeers gäbe, das auch den Kiebitz umfasst.

Zudem gibt es so gut wie keine systematisch erhobenen Daten zum Bruterfolg von Kiebitzen in Dänemark. Lediglich in Tipperne werden seit 1986 der Schlupferfolg, und seit 1998 Kükenüberlebensraten erfasst (18). Außerdem wird seit 2011 der Bruterfolg für eine kleine Population auf landwirtschaftlichen Flächen auf der Insel Fyn ermittelt (19). Diese Bemühungen auszuweiten, insbesondere für Kiebitze auf Nutzflächen, würde die Möglichkeiten drastisch erhöhen, die Hauptprobleme dieser Art anzusprechen.

Danksagungen

Dieses Review ist größtenteils ein aktualisierter Auszug aus einer Präsentation im Rahmen eines Wiesenvogel-Workshops in Haapsalu (Estland) im Jahr 2014 sowie aus einem dazu erschienenen Artikel im entsprechenden Tagungsbericht (15). Yvonne Verkuil, Vojtěch Kubelka sowie zwei anonyme Bearbeiter haben den Original-Artikel dankenswerterweise überarbeitet.

Ein großer Dank gilt auch Ole Amstrup, Jens Jørgen Andersen, Hans Christophersen, Niels Harald Jensen, Jørgen Peter Kjeldsen, Henrik Haaning Nielsen und Palle A. F. Rasmussen, die unveröffentlichte Daten zu diesem Artikel beigetragen haben.


Quellen

  1. Ferdinand, L. 1971. Større danske fuglelokaliteter, I. Dansk Ornithologisk Forening, København. [in Danish]
  2. Ferdinand, L. 1980. Fuglene i landskabet. Dansk Ornithologisk Forening, København. [in Danish]
  3. Dybbro, T. 1985. Status for danske fuglelokaliteter. Dansk Ornithologisk Forening, København. [in Danish]
  4. Grell, M.B. 1998. Fuglenes Danmark. Gad. [in Danish]
  5. Falk, K. & S. Brøgger-Jensen. 1990. Fuglene i internationale beskyttelsesområder i Danmark. Miljøministeriet, Skov- og Naturstyrelsen. [in Danish]
  6. DOF. 2016. Dansk Ornitologisk Forenings bird database at http://www.dofbasen.dk. Accessed March 2016. [in Danish]
  7. DOF. 2016. Publikationsbase. http://www.dof.dk/om-dof/publikationer/publikationsbase Accessed March 2016. [in Danish]
  8. Thorup, O. 2006. Breeding Waders in Europe 2000: a year 2000 assessment. International Wader Studies 14: 1–142.
  9. O. Thorup unpublished data
  10. Dybbro, T. 1976. De danske ynglefugles udbredelse: Resultaterne af Atlas-projektet, kortlægningen af Danmarks ynglefugle 1971–74. Dansk Ornithologisk Forening, København. [in Danish]
  11. DOF. 2018. ATLAS maps from the 2014–2017 ATLAS project published on http://www.dofbasen.dk/atlas/. Dansk Ornitologisk Forening. Accessed August 2018. [in Danish]
  12. Moshøj, C.M., D.P. Eskildsen, K.S. Jørgensen, M.F. Jørgensen & T. Vikstrøm. 2019. Overvågning af de almindelige fuglearter i Danmark 1975–2018. Årsrapport for Punkttællingsprogrammet, Dansk Ornitologisk Forening. [in Danish with English summary]
  13. Pannekoek, J. & A. van Strien. 2005. TRIM 3 manual (Trends and Indices for Monitoring data). Statistics Netherlands, Voorburg. Accessed August 2018. https://www.cbs.nl/en-gb/society/nature-and-environment/indices-and-trends–trim–
  14. Thorup, O. & K. Laursen. 2008. Status of breeding Oystercatcher Haematopus ostralegus, Lapwing Vanellus vanellus, Black-tailed Godwit Limosa limosa, and Redshank Tringa totanus in the Danish Wadden Sea in 2006. Dansk Orn. Foren. Tidsskr. 102: 255–267.
  15. Thorup, O. 2018. Population sizes and trends of breeding meadow birds in Denmark. Wader Study 125(3): 175–189.
  16. Thorup, O. & K. Laursen. 2013. Ynglefugletællinger i det danske Vadehav 2012. Fugleåret 7 (2012): 223–232. Dansk Ornitologisk Forening, København.  [in Danish]
  17. Danmarks Statistik. 2016. Afgrøder i dansk landbrug 2016. https://www.dst.dk/Site/Dst/Udgivelser/nyt/GetPdf.aspx?cid=21927. Accessed November 2018. [in Danish]
  18. Thorup, O. & T. Bregnballe. 2018. Ynglefuglene på Tipperne 2017. Fugleåret 2017: 169-174. Dansk Ornitologisk Forening. [in Danish]
  19. Andersen, N. 2019. I Vibens tjeneste. Vibeforår i landbrugslandet, opdatering 2019. Unpublished report. [in Danish]  

veröffentlicht: 02/2020


Autor

Ole Thorup
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